MVB-Technik: Die Schleifwagen

Ihr habt sie bestimmt schon oft gesehen: zwei Straßenbahnen mit gelbem Blinklicht, schwarz und orangefarben lackiert und stets als „Schienenschleifwagen“ unterwegs.
Warum Schienen geschliffen werden müssen, was die beiden Wagen sonst noch können und welche Aufgaben die beiden Fahrer, die die Fahrzeuge fahren, haben, lest ihr in diesem Blogbeitrag.

Warum muss man Schienen schleifen?

Straßenbahnen fahren mit elektrischem Strom. Klar. Die Oberleitung ist der Pluspol und die Schienen sind der Minuspol. Dazwischen befindet sich dann die Straßenbahn mit ihren Elektromotoren.
Nun sind die Schienen jeder Witterung ausgesetzt, verschmutzen durch Laub und Reifenabrieb der Autos und natürlich rosten sie auch immer etwas. Oxidieren nennen das die Fachleute.
Alle diese Einflüsse verringern die Leitfähigkeit der Gleise, es kann dann also nicht mehr so einfach Strom von der Oberleitung durch den Motor zur Schiene fließen. Das führt dann zu höherem Energieverbrauch und kann im schlechtesten Fall dazu führen, dass die Bahn wegen fehlendem Strom nicht mehr fahren kann, wenn sie zum Beispiel auf ganz viel trockenem Laub steht.

Soweit kommt es aber gar nicht erst, denn dafür haben wir unsere beiden Schleifwagen! Die beiden aktuellen Fahrzeuge kamen 2017 zur MVB. Vorher fuhren sie bei der BVG in Berlin als Linienwagen Menschen durch die Hauptstadt. Nach einem Spezial-Umbau  zum Schleifwagen sind sie nun also hier an der Elbe im Dienst. Mit ihren Klötzen reinigen sie die Schienen von all dem bereits erwähnten Schmutz. Und noch mehr: Sie pflegen damit auch die Gleise!

Denn wo jeden Tag viele Straßenbahnen fahren, da verändert sich die Oberfläche der Schiene ständig. Es bilden sich kleine Wellen im Profilkopf der Schiene. Werden die nicht weggeschliffen, dröhnt es ziemlich laut, wenn eine Bahn darüberfährt. Dafür drehen die Schleifwagen jeden Tag ihre Runden, je nachdem, wo es grade nötig ist, passen sie ihre Route daher an.
Beim Schleifen entsteht jede Menge Staub, deshalb werden die Schleifsteine mit Wasser feucht gemacht. Übrigens mit Regenwasser! 600 Liter hat jeder Wagen deshalb an Bord.

Für mehr Erklärungen auf die Bilder klicken!

Jeder hat seine „Superkraft“

Apropos laut: Manchmal quietscht es ja ziemlich in den Kurven bei der Tram. Dagegen werden an vielen Stellen Schmieranlagen im Gleis verbaut. Dort, wo keine Anlage verbaut ist, kann es schon mal quietschen. Hierfür hat einer der beiden Wagen eine spezielle Vorrichtung parat: Nummer 704 verfügt zusätzlich über eine Schmieranlage, die ein spezielles Mittel auf die Schienen sprüht. Natürlich nur ganz wenig und nur an bestimmten Stellen, sonst würde es zu rutschig für die Linienzüge. So lässt sich aber auch dort für Ruhe sorgen, wo keine Schmierstrecke verbaut wurde. Die Anwohnerinnen und Anwohner freut´s!
Wagen 703 indes hat eine andere „Superkraft“ – Ausgerüstet mit einem speziellen Inspektionsplatz ist er der einzige MVB-Wagen mit echtem Dachfenster! Das hat natürlich einen Grund, denn von dort kann die Oberleitung genau unter die Lupe genommen werden. Eine Kamera dient dabei zur Aufzeichnung und späteren Auswertung der Aufnahmen.

Die Fahrer legen selbst Hand an

Gefahren werden die beiden Wagen übrigens von zwei Kollegen aus der Abteilung Gleisbau. Sie sind jeden Tag mit dem selben Fahrzeug unterwegs und kennen es deshalb „wie ihre Westentasche“. Das ist auch gut so, denn manches müssen sie selbst machen. So sind die Schleifsteine mit großen Schrauben in den jeweils hinteren Drehgestellen fixiert. Dort presst sie eine Aparatur mit 6 Bar Druckluft über einen Zylinder auf die Schienen. Logisch also, dass die Steine irgendwann abgenutzt sind und gewechselt werden müssen. Hier legen die Kollegen selbst Hand an. Maik Fischer, einer der beiden Fahrer, erklärt die Details: „Auf der „Grube“, so heißt das Werkstatt-Gleis mit einem Graben in der Mitte, kann man auch von unten an die Bahn heran. Hier tauschen wir die verschlissenen Steine gegen frische aus. Es gibt auch unterschiedliche Härtegrade. Aktuell nehmen wir eher weiche Mischungen.
Bitumen ist dabei quasi der Erzfeind dieser Steine. Dieser wird zum Abdichten der Fugen neben den Schienen verwendet und soll vor Schäden durch Frost und Ausspülung schützen. Wird er bei sommerlicher Sonneneinstrahlung weich, kann es in die Schleifsteine gelangen und so die Schleifflächen verkleben. Ein Austausch wird notwendig. Herr Fischer dazu: „Außerdem verschmieren die Schleifsteine dann das Gleis.
Übrigens: Die beiden Wagen fahren nur maximal 30 km/h. Das liegt daran, dass durch den Umbau eine Magnetschienenbremse an jedem Wagen entfernt wurde. Hier sind nun die Schleifanlagen verbaut, die nicht als Bremse im Gefahrfall taugt. Eine Art „Linie“ haben sie nicht, sondern fahren meist hinter den Linienzügen quer durch die Stadt.

Schleifsteine in unterschiedlichen Zuständen:
links ein neuer Stein, in der Mitte ein normal verschlissener Stein und ganz rechts ein mit Bitumen verklebter Stein.
Auf jeder Seite des Wagens sind drei solcher Elemente hintereinander verbaut.
Zahlen und Fakten
So viel Wasser hat ein Schleifwagen: 600 Liter Regenwasser
So oft muss eine Schadstelle behandelt werden: etwa 10-mal
Bei der MVB gibt es so viele Schleifwagen: 2 Stück (703 und 704)
Die Schleifzüge gehören: zur Abteilung Gleisbau
Den Aufwand betreiben die Kollegen: für die Pflege und Instandhaltung der MVB-Gleise

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert