Werden Schienen eigentlich geputzt? Und warum fährt nachts eine Kehrmaschine durch die Stadt? Und was machen die Arbeiter mit dem Hochdruckreiniger? Diese und weitere Fragen beantworte ich euch in diesem Beitrag. Also, auf die Besen, fertig, los!
Für die Antworten habe ich mich mit Steffen Großheim und Matthias Rasch getroffen. Herr Großheim ist Meister Gleisbau bei der MVB, Herr Rasch Geschäftsführer der Rasch-Reinigungs- und Dienstleistungs GmbH die derzeit Auftragnehmer für eine Vielzahl von Reinigungsleistungen für die MVB ist.
Müssen Schienen denn nun geputzt werden? Klare Antwort: ja!
Steffen Großheim erklärt: „Die Schienen der Straßenbahn haben eine sogenannte Rille. Die schützt die Bahn vor Entgleisungen und ist überall dort verbaut, wo die Straßenbahn „auf der Straße“ fährt. Hier sammelt sich besonders schnell Schmutz an. Im Endeffekt wäre irgendwann so viel Dreck darin abgelagert, dass die Räder der Bahn nicht mehr sicher darüber fahren könnten.“
Denn der Schmutz besteht aus sehr unterschiedlichen Dingen. Neben dem Bremssand der Bahn auch aus Staub, Pflanzenresten und natürlich Reifenabrieb der Autos. Dieser würde sich mit der Zeit festsetzen und würde eine harte Schicht bilden, ähnlich wie Beton. So könnte für die Straßenbahn keine sichere Überfahrt mehr gewährleistet werden. Manchmal bleiben auch große Dinge wie Schrauben, Bolzen oder Steine in der Schienenrille hängen.
Großheim weiter: „Deshalb wird regelmäßig sauber gemacht. Da die MVB kein eigenes Fahrzeug dafür hat und die Reinigung per Hand viel zu ineffizient wäre, haben wir für diese Arbeit eine externe Firma beauftragt. Den Zuschlag für diese Ausschreibung bekam 2020 die Firma Rasch-Reinigung aus Magdeburg.“
Am Anfang per Hand mit dem Meißel
Matthias Rasch berichtet: „Als wir 2020 im MVB Streckennetz anfingen, mussten alte Ablagerungen teils händisch mit dem Meißel aus den Rillen entfernt werden. Das dauerte etwa 9 Monate und seitdem reinigen wir mit unserer Gleiskehrmaschine kontinuierlich um solchen Ablagerungen vorzubeugen.“
Damit die Kehrmaschine gut und zügig arbeiten kann, fährt sie am besten ohne Unterbrechung. Das ist der Grund, weshalb die Maschine vor allem in den späten Abend- und Nachtstunden in der Stadt unterwegs ist. Tagsüber sind viele Bahnen unterwegs, weshalb kein sinnvoller Einsatz möglich wäre.
Herr Rasch dazu: „Das ist übrigens ein Unikat! Wir haben sie beim Kauf exakt auf die Anforderungen in Magdeburg zusammengestellt. Sie entspricht dem aktuellen Stand der Technik, ist dabei wesentlich leiser als andere Modelle und erleichtert die Arbeit der Kollegen deutlich. So kann sie flexibel über dem Gleis hin- und herfahren, die Elektronik überwacht die Steuerung der Kehr-Einrichtung. Bei Bedarf hebt sie dann auch automatisch den Saugschacht an.“ Auf diese Weise kann die Maschine auch mal kurz zur Seite fahren, wenn beispielsweise eine Straßenbahn der Nachtlinie vorbei muss.
Heißwasser für saubere Weichen
Während die Gleiskehrmaschine nur nachts unterwegs ist, sieht man das Team der Weichenreinigung auch am Tage. Ausgerüstet mit Hochdruckreiniger, Schlagschrauber und Schmierfett kümmern sie sich um die neuralgischen Punkte im Streckennetz.
„Weichen sind sehr wichtig. Sie sind die einzigen Orte, an dem eine Bahn ihre Route ändern kann. Daher legen wir großen Wert auf die Pflege. Zudem sind die mechanischen Teile auch starker Beanspruchung ausgesetzt. Kommen dann noch Sand und andere Verschmutzungen dazu, könnte das zu einer Störung führen.“ erläutert Steffen Großheim die Wichtigkeit der Reinigung.
So wird nach einem bestimmten Schema teilweise täglich mit einem Hochdruck-Wasserstahl für Sauberkeit gesorgt. „Unsere Mitarbeiter spülen nicht nur die Mechanik, sondern auch die Entwässerung aus, über die Regenwasser abgeleitet wird. Dazu legen sie auch selbst Hand an: Die Abdeckungen müssen abgeschraubt werden, die Abflüsse gereinigt und im danach alle beweglichen Teile neu gefettet werden. Diese Arbeit machen unsere Leute das ganze Jahr, bei jedem Wetter.“ beschreibt Firmenchef Matthias Rasch die Arbeit der Männer. Dafür wird übrigens ausschließlich Wasser ohne Zusatzstoffe verwendet.
Gutes Ergebnis
Und diese Mühen zahlen sich aus. Seit der Neuausschreibung hat sich die Sauberkeit der Gleisanlagen deutlich verbessert. Auch die Störanfälligkeit der Weichen hat sich reduziert, was auf die stetige Pflege zurückzuführen ist.
Weil die Magdeburger „Elektrische“ in Kürze 125. Geburtstag feiern kann, hier ein Auszug aus einer alten Chronik, der sich der Arbeit der Ritzenschieber zur Pferdebahnzeit widmet:
Auf die Sauberkeit der Schienenrillen wurde peinlichste Sorgfalt verwendet. Die Uniformierten, die hier mit Eisenstangen, Besen und Eimer hantierten, zogen natürlich das Interesse der Magdeburger Jugend auf sich. Kurz und sachlich wurden sie „Ritzenschieber“ benannt. Wo ein solcher „Ritzenschieber“ hantierte – am alten Ulrichstor, vor dem alten Rathaus, an der Gabelung, vor „Stadt Cöln“ – stand immer ein Rudel sachverständiger Elbröwer. Was wunder, wenn sie schließlich selbst „Ritzenschieber“ spielten. Das taten sie in Scharen in Reihen zu einem unter dem damals überall bei der Magdeburger Jugend üblichen Indianergeheul, indem jeder einen zünftigen Stock in den Schienen vor sich herschob. An und für sich war das ja bei dem damaligen Straßenverkehr ein harmloses Vergnügen, das niemand gefährdete. Trotzdem – einer fühlte sich in seiner Würde gekränkt: der „Ritzenschieber“ vor dem neuen Ulrichstor. Wo er solcher Horde habhaft werden konnte, ging er mit dem Besen dazwischen: „Ihr Stromers, Ihr Driebers meent woll, Ihr kennt mich aus Amt und Brot bringen? Ritzenschieber fors janze Schtadtfeld bin ich! Und keener därf mich an´n Waaren kommen; nich moal der Harre Tramboahndirektor därf hier in´n Dreck rummoddern wenn ich soare: Nee!“