Zwischen den Schienen – der Gleisbau

Heute soll es um das Untenrum bei der Straßenbahn gehen. Keine Sorge, das wird nichts zwielichtiges, vielmehr möchte ich euch von den Kolleginnen und Kollegen berichten, die sich um die Gleise, Weichen, Schwellen und den Schotter kümmern. Eben all das, was unter der Tram liegt.

Der Bereich

Dieser Bereich ist der Abteilung Infrastruktur unterstellt und heißt Gleisbau. Die Mitarbeitenden kümmern sich um die rund 138 km Gleise im Stadtgebiet, sowie um alles, was direkt damit zu tun hat. Sie sorgen dafür, dass die Bahnen sicher durch die Stadt rollen können. Genau betrachtet, sind das Schienen, Weichen, Schwellen, Gleisbogenschmieranlagen, Eindeckungen (also z. B. die Betonplatten zwischen den Schienen, das Rasengleis im neuen Nordabschnitt im Breiten Weg oder einfach der Asphalt in der Warschauer Straße), Anschlüsse für die Fahrstromversorgung und natürlich den Schotter, auf dem die Gleise liegen, sowie alles Zubehör (wie beispielsweise Schrauben).

 

Bei so vielen Kilometern Gleis gibt es natürlich jede Menge zu tun. Das Hauptaugenmerk liegt auf der vorbeugenden Instandhaltung der Anlagen, also zum Beispiel dem Austauschen von verschlissenen Schienen und Teilen und dem Beseitigen und Reparieren von kleineren und größeren Fehlern. Ein bekanntes Beispiel sind die beiden Schienenschleifwagen, die mit ihrem schwarz-orangefarbenem Gewand von zwei Kollegen quer durch das Stadtgebiet gefahren werden und vermutlich jedem schon einmal aufgefallen sind. Diese Wagen können entweder zum Schmieren der Schienen eingesetzt werden, wenn beispielsweise Anwohner die Service-Hotline über lautes Quietschen der Straßenbahn in Gleisbögen (so heißen Kurven im Fachjargon) informieren, oder aber auch die Oberseite der Gleise abschleifen, um den Fahrbetrieb insgesamt leiser zu machen, denn auf glatten Schienen ist eine Bimmel viel leiser unterwegs.

Alles im Blick

Natürlich sind die Kolleginnen und Kollegen für noch viele weitere Maßnahmen zuständig. Darüber konnte ich mit Steffen Großheim sprechen. Er ist Meister für Gleisbau und hat sich Zeit für meine Fragen genommen.

Steffen Großheim (rechts) und seine Kollegen. (Aufnahme entstand vor Corona)
Steffen Großheim (rechts) und seine Kollegen. (Aufnahme entstand vor Corona)

„Zum einen ist die Instandhaltung eine unserer größten Augfaben. Die fußt auf einem Ablaufplan, der jedes Jahr neu erstellt wird. Da kooperieren wir mit einem Unternehmen, welches auch bei der Eisenbahn Gleisvermessungen durchführt. Gemeinsam wird das gesamte Netz der MVB einmal im Jahr mit Spezialgerät vermessen und geprüft. Wir schauen uns viele unterschiedliche Parameter an, zum Beispiel ob die Schienen den richtigen Abstand zueinander haben, gerade liegen, vielleicht Schäden aufweisen und wie stark sie abgenutzt sind. Das schaffen wir in circa sechs Wochen, denn wir haben nachts meist freie Fahrt auf den Strecken. Auf den so gewonnenen Daten bauen wir dann unseren Arbeitsplan für das kommende Jahr auf, um durch zielgerichtete Instandhaltung frühzeitig Schäden zu vermeiden. Das können kleine Sachen sein, wie etwa ein schadhafter Schienenstoß, oder auch größere Projekte, wie der Austausch mehrerer Meter abgenutzter Schienen“, erzählt er mir.

Ein Schienenstoß ist übrigens die Verbindung zwischen zwei Gleisstücken, wie ihr das vielleicht von Opas Modelleisenbahn kennt. Die Stöße sind im Gegensatz zum Vorbild natürlich fest miteinander verschweißt. Diese Stellen unterliegen natürlich einem gewissen Verschleiß, den die Kollegen überwachen.

Der von Steffen Großheim angesprochene Arbeitsplan muss natürlich mit vielen weiteren Abteilungen und Bereichen der MVB und sogar mit weiteren Externen abgesprochen werden. „Wir können nicht einfach bauen, wie es uns gefällt. Da hat die MVB-Verkehrsplanung und natürlich auch die Stadt ein gewisses Wörtchen mitzureden, denn unsere Baumaßnahmen müssen mit denen anderer Firmen koordiniert werden, damit die Fahrgäste und die Bürgerinnen und Bürger so wenig wie möglich belastet werden“, erklärt Großheim. Am Ende steht ein Jahressperrplan, der alle Maßnahmen auflistet. In einem separaten Beitrag werde ich euch davon genauer berichten.

Gepflegt in die richtige Richtung

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die derzeit 230 Weichen im Netz. Durch sie wird die Fahrtrichtung der Straßenbahn geändert und das unter Umständen viele hundert Male am Tag. Gleichzeitig sind sie komplexe technische Produkte, welche von Fachfirmen maßgeschneidert für den Einsatzort und die Verwendung angefertigt werden und somit nicht „einfach so“ neu gekauft werden können.
„Ganz wichtig ist demzufolge die Pflege der Weichen, denn ein Ausfall bedeutet meist Streckensperrungen und folglich auch Umleitungen. Ein populäres Beispiel aus der Vergangenheit ist die Weiche 39 auf dem Hasselbachplatz. Damit das die Ausnahme bleibt, kümmern sich unsere fünf Oberbauschweißer um die Instandhaltung der Anlagen. Sie entfernen Oberflächenschäden und haben ein Auge auf die Weichenzungen“, so Großheim.
Diese Weichenzungen sind das zentrale Element einer Weiche, denn sie sind für den eigentlichen Richtungswechsel der Straßenbahnen zuständig. Sie sind aus einem speziellen Stahl gefertigt, besonders biegsam und beim Befahren hohen Belastungen ausgesetzt. Außerdem wirken alle Witterungseinflüsse wie Regen, Frost, Laubfall und Hitze ungehindert auf die im Erdboden eingelassenen Anlagen ein. Demzufolge brauchen sie umfangreiche Kontrollen und wollen gut gepflegt werden. Diese Pflege zahlt sich auch aus, denn bisher ist keine weitere Weiche derart bekannt geworden, wie jene auf dem Hasselbachplatz und das ist auch gut so.

 

Starke Arme für einen starken Betrieb

„Weiterhin bereichern 10 Tief- und Gleisbaufacharbeiter unser Team. Zusätzlich bilden wir in dieser Fachrichtung auch noch zwei Auszubildende aus. Das Gleisbauteam kümmert sich um die Beseitigung von Schäden an der Eindeckung, also zum Beispiel der Asphaltschicht zwischen den Schienen, wenn die Strecke im Straßenbereich verläuft, sowie Gleisinstandsetzungsarbeiten aber auch um das Befüllen der Bremssand-Kisten an den Wendeschleifen“, sagt Steffen Großheim. (Wozu man Bremssand benötigt, habe ich euch in einem älteren Beitrag schon mal näher erklärt.)

Dieser Sand lagert im Trockenen und wird bedarfsweise per Lastwagen zu den Endstellen geliefert.
Übrigens werden im Durchschnitt durch unsere Straßenbahnen rund 200 Tonnen Quartzsand im Jahr verbraucht. Das entspricht dem Fassungsvermögen von vier Güterwaggons.

Die Gleisinstandsetzungsarbeiten sind nötig, um zum Beispiel die verschlissenen Schienen auszutauschen, wie etwa in der Großen Diesdorfer Straße. Bei größeren Projekten wie diesem kooperiert die MVB mit externen Tief- und Gleisbaufachfirmen, um die Dauer der Einschränkungen durch die Bauarbeiten zu reduzieren und Kapazitäten für spontan auftretenden Reparaturbedarf verfügbar zu halten. Warum wir da genauso lange brauchen, möchte ich euch aber in einem anderen Beitrag genauer schreiben.

Diese sogenannten Havariebaustellen werden bei akuten Schäden eingerichtet, um möglichst schnell wieder zum regulären Betrieb zurückzukehren. So kommt es in der kalten Jahreszeit hin und wieder zu Schienenenbrüchen, die dann zeitnah geschweißt werden müssen. Schienenbrüche entstehen durch rasche Temperaturveränderungen, wenn sich die Schienen ungleichmäßig stark ausdehnen, beziehungsweise zusammenziehen. Dann kann es passieren, dass an besonders stark beanspruchten Stellen, wie etwa den oben genannten Schienenstößen, diese auseinander brechen. Eine solche Stelle darf von den Straßenbahnen nur sehr langsam befahren werden. Somit sind die Kolleginnen und Kollegen zügig vor Ort, um möglichst bald wieder für einen reibungslosen Betrieb zu sorgen.

Das ist ja schließlich unser Anspruch, euch jeden Tag zuverlässig und sicher an euer Ziel zu bringen.

Bis bald!
Johannes

Zahlen, Daten und Fakten
Streckenweichen 230 Stück
Gleisbogenschmieranlagen 24 Stück
Gleislänge 138 km
Mitarbeitende
(Abteilung Gleisbau)
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