Abschied: Tatra T6A2 geht in Rente

Wir sagen „tschüss“ zu einer alten Begleiterin: Die Tatrabahn mit der Bezeichnung T6A2 verabschiedet sich am 28. März 2024, Gründonnerstag, endgültig aus dem Liniendienst. Nach fast 34 Jahren im Dienste der MVB fährt sie ein letztes Mal mit Fahrgästen über Magdeburger Gleise.

Ihren letzten Dienst wird die betagte Bahn auf der Linie 10 verrichten. Zwischen Messegelände und Rothensee wird der Zug, bestehend aus Triebwagen 1280 und Beiwagen 2144, pendeln, ehe er planmäßig um 17.47 Uhr für immer den Betriebshof ansteuert. Dann ist Schluss.

Die Wagen können ab April nicht mehr eingesetzt werden, da sie keine Betriebserlaubnis mehr haben. Nach acht Jahren oder nach 500.000 abgeleisteten Kilometern sieht der Gesetzgeber eine grundlegende Inspektion vor. Aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters und der mittlerweile äußerst schlechten Ersatzteilversorgung ist eine solche Inspektion nicht mehr wirtschaftlich, weswegen die Züge stillgelegt werden.

 

Ein Blick zurück

Der Straßenbahnzug mit der Bezeichnung T6A2 ist ein vom tschechischen Hersteller ČKD produzierter Hochflurtriebwagen für die damalige DDR.

Er ist der Nachfolger des legendären T3 bzw. T4D, einer der bis heute meistproduzierten Straßenbahnen der Welt. Auch in Magdeburg fuhren die „runden“ Tatras vom Typ T4D in großer Stückzahl.

Ende 1989 trafen die ersten 6 Triebwagen und drei Beiwagen des T6A2 in Magdeburg ein. Insgesamt bekam die MVB 12 Triebwagen und 6 Beiwagen, woraus sich unterschiedliche Zugkombinationen kuppeln ließen. Wäre die deutsche Wiedervereinigung nicht dazwischen gekommen, hätte der T6A2 den T4D vollständig abgelöst. Mit dem Zusammenbruch der DDR waren jedoch planwirtschaftlich gelenkte Wirtschaftsbeziehungen Geschichte und für den Kauf neuer Straßenbahnfahrzeuge waren für die MVB keine staatlichen Vorgaben mehr bindend. Somit blieb es bei der geringen Stückzahl, denn der T6A2 war auch schon Ende der 80er-Jahre nicht mehr Stand der Technik: Nur unwesentlich später wurde in Bremen die allererste Niederflurstraßenbahn vorgestellt.

Doch zurück nach Magdeburg. Premiere feierte der T6A2 am 2. Mai 1990: Dies war sein erster Einsatztag im Liniendienst. Auf der damaligen Linie 7 wurden insgesamt drei Züge eingesetzt, die zwischen Neustädter See und Salbker Platz ihre Runden drehten.Technik, die nicht alle Begeisterte

Technik, die nicht alle begeisterte

Die neuen Wagen vom Typ T6A2 unterschieden sich in wesentlichen Punkten vom T4D. So erhielten sie eine damals zeitgemäße Thyristorsteuerung. Diese sorgte auch für den unverwechselbaren Klang der Fahrzeuge beim Beschleunigen und Bremsen: das Summen bzw. Zirpen der Leistungselektronik war stets gut hörbar. Der Wegfall des Motorgenerators sorgte für erhebliche Gewichtseinsparungen. Für die Fahrpersonale gab es eine größere Fahrerkabine und auch die Fahreigenschaften waren im Vergleich zum T4D deutlich verbessert.

Gar nicht begeistert waren die Kollegen der MVB-Werkstätten hingegen von der ausgeführten Qualität des Herstellers ČKD. So musste unter anderem beim Wagenkasten nachgebessert werden. Und auch bei den Fahrgästen waren die Bahnen, spätestens seit dem ersten Einsatz der Niederflurstraßenbahnen, nicht sonderlich beliebt: Die hohen Stufen beim Einstieg zu bezwingen, fällt nicht jedem leicht. Barrierefrei ist das nicht.

 

Ein Abschied auf Raten

Mit dem Kauf der modernen Niederflurbahnen ab 1994 sank auch der Stern der Tatras. Während im Oktober 2012 der letzte T4D aus dem Liniendienst ausschied, fuhren die T6A2-Züge noch weiter. Das Elbehochwasser 2013 sorgte aber für einen Kahlschlag in der Flotte: Vier Großzüge (also acht Triebwagen und vier Beiwagen) fielen der Flut zum Opfer. Sie standen im Betriebshof Nord für längere Zeit im Wasser. Zwei weitere Großzüge hingegen wurden verschont, denn sie waren in der Hauptwerkstatt im Stadtteil Brückfeld untergebracht, da sie eine Inspektion erhielten.

Die verbliebenen Wagen erhielten nochmals eine Inspektion und eine kleine Modernisierung. So wurden beispielsweise die Rollbandzielanzeigen gegen moderne LED-Zielanzeiger ausgetauscht. Als eiserne Betriebsreserve drehten sie fortan ihre Runden. Ein Wagen musste wegen eines Defekts abgestellt werden, ein weiterer verlor im August 2023 seine Zulassung. Ende Januar 2024 folgte dann der nächste Triebwagen, der wegen Fristablauf abgestellt werden musste. Jetzt ist auch für den letzten verbliebenen Zug endgültig Schluss.

 

Neuanfang in Sicht

Was passiert nun mit den abgestellten Zügen? Ein Triebwagen und ein Beiwagen dürfen weiterhin in Magdeburg bleiben: Sie werden in den Museumsbestand der Interessengemeinschaft Nahverkehr (IGNah) übergehen. Ein weiterer Triebwagen soll dem Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge für Übungszwecke zur Verfügung gestellt werden. Der Rest wird auf Verkaufsplattformen angeboten oder verschrottet.

Tatras werden trotzdem noch in Magdeburg fahren: Nicht von der Abstellung betroffen sind die Tatras vom Typ KT4D. Das sind die Wagen, die ein Gelenk in der Mitte haben. Sie sollen noch bis 2025 in der Elbestadt unterwegs sein.

An ihre Stelle treten dann die neuesten Straßenbahnen: Die moderne Niederflurbahn vom Typ Flexity. Die MVB hat 2021 insgesamt 35 Stück davon beim Hersteller Alstom bestellt. Die ersten Züge werden im Herbst 2024 erwartet.

 Am 28. Januar 2024 verabschiedeten wir uns offiziell vom T6A2:

Vielen Dank an Ralf Kozica vom Verein IGNah für das Bereitstellen vieler Informationen und der Bilder.

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