Das Türmchen am Hassel und die 1.-Mai-Weiche

Heute wird es mal wieder historisch. Zum heutigen Maifeiertag stelle ich euch die „1. Mai-Weiche“ vor.

Moment „1. Mai-Weiche“?

Ja richtig gelesen, die Rede ist von einer besonderen Weiche am Hasselbachplatz.
Als ich 2019 bei der MVB als studentischer Aushilfsfahrer anfing und das erste Mal von der „1. Mai-Weiche“ von unserem Fahrlehrer hörte, bogen wir gerade mit dem Fahrschulwagen auf dem Hasselbachplatz von der Hallischenstraße kommend nach rechts in die Sternstraße ein. Eine Fahrtbeziehung, die keine reguläre Linie bedient, sondern nur bei Einfahrten zum Betriebshof und bei Umleitungen genutzt wird. Was es mit dem Spitznamen für diese Fahrtbeziehung auf sich hat habe ich natürlich gleich nachgefragt.

Und so ging eine Anekdote zur Verkehrsgeschichte des Hasselbachplatzes und des damals noch vorhandenen Verkehrsturms los:

MVB Beschäftigte auf dem Mai Umzug in der Stadt Magdeburg. Quelle: MVB-Archiv

Am 1. Mai, dem „Tag der Arbeit“, wurde zu DDR-Zeiten jedes Jahr der gesamte Straßenbahnverkehr in der Innenstadt eingestellt. Grund war der große Umzug zum 1. Mai, an dem sich auch die Mitarbeiter der MVB beteiligen. Die Straßenbahnen fuhren daher so weit wie möglich an die Innenstadt heran und bogen dann in eine andere Richtung ab und fuhren zu einer anderen Endstelle zurück. Aus Sudenburg und der Leipziger Chausee kommend fuhr man bis zum Hasselbachplatz und dann über die Sternstraße nach Westerhüsen. Und so kam die Weiche auch zu ihrem Spitznamen „1.-Mai-Weiche“, da diese Verbindung fast ausschließlich zu eben jenem Tag genutzt wurde. Der Hasselbachplatz sah damals natürlich noch anders aus. Dort, wo heute die Sparkasse steht, klaffte eine große kriegsbedingte Baulücke. Und in der Mitte des Platzes stand ein Turm, von dem aus man die beste Übersicht hatte. Die Aufgabe der dort eingesetzten Mitarbeitern war es, herannahenden Straßenbahnen die Weichen richtig zu stellen.

Ansichtskarte vom Hasselbachplatz mit Tatra-Großzug. Verlag Bild und Heimat, Reichenbach (Vogtl.), Foto: Wilhelm Biscan, 1978 Quelle: Sammlung Ralf Kozica

Eine Mitarbeiterin blieb dabei besonders im Gedächtnis. Den ein oder anderen Kollegen, der mal vergaß zu Grüßen, soll wohl auf der nächsten Runde am Hasselbachplatz persönlich, vor allen Fahrgästen, an das Grüßen der Kollegin erinnert worden sein. Auch Fahrgäste, die am Hasselbachplatz die Türen aufhielten, konnten schon mal ihr blaues Wunder erleben. Wenn die Kollegin aus dem Turm stieg, dann wurde es „ernst“. Erst nach kurzer Erläuterung in bester Machteburjer Mundart, warum man nicht in der Tür stehen sollte, ging es weiter. Eben ein Magdeburger Original – der Turm am Hassel und die dort arbeitende Mitarbeiterin.

Farb-Luftbild vom Hasselbachplatz mit Blick in den Breiten Weg. Foto: Gerd Pilz

Doch alles hat seine Zeit, so auch der Sozialismus und unser Turm am Hassel. Die Wende kam, der Sozialismus und die DDR sind Geschichte und auch der Turm ist durch eine automatische Fahrsignalanlage und automatische E-Weichen ersetzt.
Wie unsere Weichen heute Funktionieren erfahrt ihr dann in einem unserer nächsten Blogs.

Euer Florian.

Wir Danken Ralf Kozica und dem Verein IGNah e.V. für die historischen Bildaufnahmen.

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